„Die wird doch in Brüssel, Berlin oder Paris gemacht – warum beschäftigt sich der Landtag überhaupt damit?“
Dieser oder ähnlichen Reaktionen begegne ich regelmäßig, wenn ich außerhalb des Landtags unterwegs bin, und über das Thema sprechen möchte, das einen Großteil meiner Arbeit als Landtagsabgeordneter ausfüllt: Europa.
Ich selbst bin in Bergkamen geboren, habe dort als Lehrer und Schulleiter gearbeitet und wohne bis heute dort. Europa als politisches Thema hat in all den Jahren vor meinem Landtagsmandat kaum eine Rolle gespielt. Im Ortsverein haben wir über Schulausstattung und Gebäudesanierung diskutiert, im Stadtrat haben wir für bessere Straßen und Sportanlagen gekämpft. Handfeste Sachen eben, die einen echten Bezug zum Leben der Bergkamener und Bergkamenerinnen haben. Europa hatte mit alledem scheinbar nichts zu tun – zumindest nicht auf den ersten Blick.
Aber wie so oft lohnt sich ein genauerer Blick hinter die Fassade. Denn Europapolitik ist kein Nischenthema, sondern ein Querschnittsthema. Die Themen, die wir hier im Landtag in den Ausschuss für Europa und Internationales tragen, werden nicht nur in Brüssel und Berlin diskutiert. Sie haben darüber hinaus einen großen Einfluss auf die Lebensqualität der Menschen hier bei uns in Nordrhein-Westfalen.
Europa steckt in unseren Straße und Häusern und auf unseren Sportplätzen, weil EU-Fördermittel für ihre Sanierung bereitstehen. Es steckt in unseren Einkaufstüten, weil der einheitliche Binnenmarkt und der europaweite Verbraucherschutz für eine weltweit einzigartige Vielfalt des Angebots mit höchsten Standards sorgen. Und vor allem steckt Europa in unserem friedlichen Zusammenleben, weil wir dank Europa in Frieden und Freiheit leben können.
Die Aufgabe der Landespolitik ist es, dafür zu sorgen, dass der europäische Mehrwert bei den Menschen vor Ort ankommt, und umgekehrt die Bedürfnisse der Menschen vor Ort nach Berlin und Brüssel zu tragen, und sich dort mit Nachdruck für die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens einzusetzen.
Dabei sind mir einige Themen besonders wichtig:
Ich möchte ein Europa, in dem die Menschen vor Ort im Mittelpunkt stehen, in dem faire Gehälter und eine angemessene Rente für alle Menschen möglich sind. Ich möchte ein Europa ohne Hass und Feindseligkeit, und in dem Digitalisierung allen Menschen einen Mehrwert bringt.
Und vor allem möchte ich, dass sich die Europäische Union sich endlich zu einer Sozialunion weiterentwickelt und keine Marktunion bleibt. Dazu gehört, dass die Arbeits- und Sozialrechte Vorrang bekommen vor den Freiheiten des Marktes. Dazu gehört aber auch die Herstellung von Steuergerechtigkeit, denn klar ist, dass Steuern dort gezahlt werden müssen, wo Gewinne erwirtschaftet werden.
In Anlehnung an Willy Brandt steht für mich in jedem Fall fest: Europa ist nicht alles, aber ohne Europa ist alles nichts.